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Handlungsleitfaden Windenergie
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Handlungsleitfaden Windenergie
Was für Kommunen wichtig ist
Bei Windenergie-Projekten stellt sich oft die Frage, an welcher Stelle Kommunen Einfluss auf den Verlauf nehmen können und was sie bedenken sollten. Dieser Leitfaden versucht die Frage zu beantworten. Es werden die häufigsten Szenarien beschrieben, wie Sie als Bürgermeisterin oder Bürgermeister mit dem Ausbau der Windenergie in Ihrer Umgebung in Berührung kommen können.
1. WINDENERGIE-PROJEKTE IM RAHMEN DER REGIONALPLANUNG (VORRANGGEBIETE)
Situationsbeschreibung
Der Ausbau der Windenergie ist ein politisches Ziel, das sich der Bund ebenso wie der Freistaat Sachsen gesetzt haben. Um den Ausbau in Sachsen flächenmäßig zu lenken bzw. örtlich zu konzentrieren, sind die Regionalen Planungsverbände (RPV) Sachsens verpflichtet, im Rahmen der Regionalpläne ausreichend Raum für die Windenergie zu schaffen.
Im Ergebnis weist der Regionalplan Vorrang- und Eignungsgebiete für Windenergieanlagen (WEA) aus. Der Weg dahin ist lang und vielschichtig. Zu berücksichtigen sind Flächen, auf denen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine WEA errichtet werden dürfen (harte Tabuzonen). Definiert sind diese beispielsweise durch Mindestabstände zu Siedlungsgebieten, Einzelbebauungen, Straßen oder Stromleitungen. Auch ausgewiesene Naturschutzgebiete fallen in diese Kategorie. Zudem sind Flächen zu berücksichtigen, die zwar prinzipiell genutzt werden dürfen, die aber anhand eigener Kriterien der für die Planung verantwortlichen Akteure auszuschließen sind (weiche Tabuzonen). Dabei kann es sich um zusätzliche Vorsorgeabstände zu Siedlungsgebieten ebenso handeln wie um Abstände zu Radaranlagen oder Waldflächen.
Dieser Planungsprozess erlangt in der Regel wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Für die spätere Genehmigungsfähigkeit von Windprojekten ist er aber wichtig. Aus diesem Grund findet im Rahmen des Planungsverfahrens eine formale Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit statt. Das bedeutet, Planentwürfe werden für bestimmte Zeiträume öffentlich ausgelegt.
Handlungsoptionen
Diese Beteiligungsmöglichkeiten können in verschiedener Weise genutzt werden:
- Sofern Sie selbst Mitglied der Verbandsversammlung oder eines Regionalplanungsausschusses sind, können Sie auf diese Weise Einfluss nehmen.
- Als Bürgermeisterin oder Bürgermeister können Sie zu den Entwürfen des Regionalplans seitens der Kommune Stellung nehmen.
- Vor einer Stellungnahme können Sie den Regionalplan und die darin enthaltenen Punkte zur Windenergienutzung zu einem Thema im Gemeinderat machen und eine kommunale Stellungnahme anregen.
- Sie können die Bürger in Ihrem Ort über die öffentliche Auslegung des Regionalplanentwurfs informieren und somit auf die Möglichkeit einer individuellen Stellungnahme hinweisen.
Natürlich können Sie diese Optionen gleichzeitig nutzen. Es ist zu empfehlen, in der Kommune frühzeitig eine Diskussion über die Positionierung zu Windenergie-Projekten anzuregen. Mit einem abgestimmten kommunalen Energiekonzept fallen diese Entscheidungen leichter (mehr dazu in Punkt 3)
2. DIE PLANUNG EINES PRIVATWIRTSCHAFTLICHEN WINDPROJEKTS
Situationsbeschreibung
Häufig werden Sie mit einem geplanten Windenergie-Projekt in Berührung kommen, indem ein Projektierer Sie über die Absichten zur Errichtung von einer oder mehreren WEA in Ihrer Kommune informiert oder Sie Kenntnis über die bereits laufende Grundstückssicherung erhalten. Dabei kann er eine Fläche im Blick haben, die im Regionalplan als geeignet ausgewiesen ist. Sollte es noch keinen Regionalplan oder noch keinen gültigen Teilregionalplan Wind geben, kann es sich um eine Fläche im so genannten Außenbereich handeln, in dem bauplanungsrechtlich WEA grundsätzlich privilegiert sind.
Geht es um ein konkretes Windprojekt in Ihrer Kommune, ist vieles zu bedenken. In diesem Fall geht es nicht nur um genehmigungsrechtliche Fragen, sondern auch um Schutzgüter und Akzeptanzfragen, um finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten und nicht zuletzt um Positionierungen der Kommunalpolitik. Die Information und Realisierung obliegen zunächst dem Projektierer bzw. dem potenziellen Betreiber. Dass das Projekt sachlich und qualitativ bearbeitet wird und die Bürger frühzeitig sowie transparent über das Vorhaben informiert werden, sollte aber auch in Ihrem Interesse sein.
Ihre Handlungsmöglichkeiten sind so vielfältig, dass hier die wesentlichen Ansätze beschrieben werden. In jedem Fall hilfreich ist ein frühzeitiger und professioneller Umgang sowie eine offene Kommunikation mit dem Projektträger.
Handlungsoptionen in der Vorbereitungs- und Planungsphase
a. Austausch zum Projekt und der Begleitkommunikation
Schon im ersten Gespräch sollten Sie die wichtigsten Punkte ansprechen, die im Interesse Ihrer Gemeinde liegen und zugleich einen wichtigen Einfluss darauf haben, wie sich die Menschen im Ort zu dem Vorhaben positionieren. Folgende Themen können Sie – nach einer Vorstellung des Vorhabens durch den Projektträger – ansprechen:
Diese Aspekte werden bereits für das Erstgespräch empfohlen. Auch im weiteren Kontakt müssen diese Aspekte in unterschiedlicher Intensität (Wie weit sind wir gekommen? Wo müssen wir nachsteuern? …) immer wieder Thema sein.
b. Austausch zur Fläche
Der Projektträger plant mit Flächen, die für die Nutzung der Windenergie geeignet sind, die ihm aber nicht gehören. Folglich braucht er eine vertragliche Grundlage für die Nutzung bzw. Überlassung.
Wenn die Kommune selbst der Flächeneigentümer ist, ist das ein rechtliches Thema, das Sie selbst mit dem Projektträger aushandeln können – und das Einnahmen für die Kommune verspricht (Pacht). Ist die Fläche in Privatbesitz, läuft das Vertragliche zur Flächennutzung in deren beiden Händen. Dennoch empfiehlt es sich, das Gespräch seitens der Kommune mit dem Flächeneigentümer oder gar mehreren Eigentümern zu suchen. Über Flächenpoolmodelle kann beispielsweise eine optimierte und gerechte Verteilung der Pachteinnahmen vereinbart werden.
Handlungsoptionen in der Genehmigungsphase
c. Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Ebene Landkreis
Abgesehen von Kleinanlagen, die davon ausgenommen sind, erfordert die Errichtung einer WEA eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Das Genehmigungsverfahren, das abgesehen vom vereinfachten Verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst, führt die zuständige Behörde auf Landkreisebene.
Das Genehmigungsverfahren sieht eine formale Beteiligung vor. Hier können Sie zu bestimmten Zeitpunkten und Planungsständen Stellungnahmen abgeben. Das gilt für Sie als Kommune ebenso wie für Einzelpersonen. Auch der Gemeinderat kann eine politische Stellungnahme beschließen.
Idealerweise sind Sie zu dem Zeitpunkt, an dem der Projektträger seinen Antrag einreicht, bereits mit ihm im Gespräch und damit auch inmitten eines Informations- und Kommunikationsprozesses zum Projekt.
Ist die Fläche, auf der die WEA entstehen soll, in einem rechtskräftigen Regionalplan ausgewiesen oder auf einer freien Fläche im Außenbereich gelegen (und es besteht kein gültiger Regionalplan zum Thema Windenergie), kann der Bau mit einer erteilten BImSch-Genehmigung grundsätzlich beginnen.
d. Bauleitplanung, Ebene Kommune
Grundsätzlich haben Kommunen die Möglichkeit, über die Aufstellung eines Bebauungsplans die konkrete Ausgestaltung eines ausgewiesenen Wind-Vorrang- und Eignungsgebietes zu steuern. Die Festlegungen des Bebauungsplans dürfen den Planungen und Zielen der Raumordnung dabei jedoch nicht entgegenstehen. Es gilt der Grundsatz „konkretisieren ohne zu konterkarieren“. Besteht bereits eine Bauleitplanung, muss diese ggf. an die neuen Vorgaben des Regionalplans angepasst werden.
In diesem kommunalen Planungsprozess können Sie selbst Maßstäbe für die Information und Beteiligung der Bevölkerung setzen. In einer vernünftigen Kooperationsbeziehung mit dem Projektträger stimmen Sie diese dennoch miteinander ab.
Handlungsoptionen in der Umsetzungsphase
e. Austausch zur kommunikativen Baubegleitung
Wenn alle Genehmigungen erteilt sind, sind nicht zwingend auch alle Auseinandersetzungen überstanden. Immer wieder rücken Projekte Anwohnern erst dann ins Bewusstsein, wenn der Bau sichtbar beginnt.
Als Bürgermeisterin oder Bürgermeister können Sie vom Projektträger eine professionelle Projektkommunikation auch in der Bauphase und bei der Inbetriebnahme einfordern und diese insgesamt oder auch nur punktuell aktiv begleiten.
3. DIE PLANUNG EINES EIGENEN KOMMUNALEN WINDPROJEKTS
Situationsbeschreibung
Wenn Sie selbst den Ausbau der erneuerbaren Energien in Ihrer Kommune vorantreiben wollen, müssen Sie nicht auf private Investoren warten, sondern können sich ein solches Projekt auch in Eigenregie vornehmen. Dabei kann die Verwaltung gleich privaten Projektierern geeignete Flächen auf dem kommunalen Gebiet identifizieren und Planungen anstellen. Sie kann aber auch Projektierer damit beauftragen. Die formale Rolle des Projektträgers übernimmt in der Regel eine kommunale Gesellschaft, die eigens für ein solches Vorhaben gegründet wird oder beispielsweise in Form eines Stadtwerkes oder Wirtschaftsfördergesellschaft bereits existiert.
Die Handlungsfelder unterscheiden sich dabei kaum von denen im vorher geschilderten Fall eines privaten Investors. Der wesentliche Unterschied ist, dass Sie selbst eine aktive Rolle spielen und über Gestaltungsspielräume und Beteiligungsmöglichkeiten bestimmen können. Zudem haben Sie die Chance, noch vor einer konkreten Planung eines Windprojektes ein Meinungsbild in der Ortschaft zu einem solchen Vorhaben einzuholen.
Handlungsoption Meinungsbildungsprozess
Wollen Sie selbst den Impuls für ein kommunales Windprojekt geben, sollte es Ihnen wichtig sein, von Anfang an die Menschen im Ort ebenso wie deren gewählte politische Vertreter mehrheitlich für das Projekt zu gewinnen. Das bedeutet, dass Sie selbst Kommunikation organisieren. Das kann wieder in vielfältiger Form geschehen:
-
Wollen Sie als erstes ein grundsätzliches Stimmungsbild einholen, können Sie eine Befragung durchführen.
siehe Werkzeug „Musterfragebogen“ -
Wollen Sie zunächst nur ein Stimmungsbild aus dem politischen Raum, können Sie die Fraktionsvorsitzenden Ihres Kommunalparlamentes zu einem Gespräch einladen und zum Beispiel auf ähnliche Projekte in anderen Kommunen verweisen.
siehe Werkzeug „Beispiele für Erneuerbare-Energien-Projekte“ - Wollen Sie für eine breite Meinungsbildung sorgen, laden Sie zu Dialogveranstaltungen ein, bei denen ggf. verschiedene Experten einen Input geben.
- Das kann bis zu einem Bürgerentscheid führen, der sich beispielsweise damit befasst, ob sich die Kommune ein eigenes Energiekonzept geben und/oder Varianten für ein EE-Projekt prüfen soll.
Handlungsoptionen in der Planungsphase
In dieser Phase werden Sie in der Verwaltung und idealerweise abgestimmt mit der Politik alle Fragen selbst beantworten, die Sie auch mit einem privaten Investor besprochen hätten:
- Wo wird das Projekt geplant und wie soll es aussehen?
- Gibt es bereits ein ausgewiesenes Vorranggebiet für die Windenergie oder muss beim Regionalen Planungsverband auf eine Ausweisung hingewirkt werden?
- Welche Auswirkungen wird es haben?
- Welche Chancen sind damit verbunden, welche Konflikte könnte es geben?
- Wie wird die Kommunikation aufgesetzt?
- Wie wird informiert?
- Welche Beteiligungsmöglichkeiten sollen eingeräumt werden (ggf. als Umsetzung des vorab Besprochenen)?
- Werden finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten angeboten?
Handlungsoptionen in der Genehmigungsphase
Als Projektträger müssen Sie die notwendigen Genehmigungsverfahren professionell durchlaufen. Dabei sollten Sie die Kommunalpolitik und die lokale Öffentlichkeit transparent und frühzeitig über alle relevanten Entwicklungen informieren.
Handlungsoptionen in der Bauphase
Auch in der Umsetzung werden Sie weiterhin zuvorkommend und den Betroffenen zugewandt kommunizieren und über die jeweils nächsten Schritte informieren.
4. Varianten im Betreibermodell
Ein Windenergieprojekt in Ihrem Umfeld muss nicht entweder privatwirtschaftlich oder kommunal getragen werden. Es gibt auch Mischformen der Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Akteuren, die ihre Zusammenarbeit rechtlich vereinbaren und das Vorhaben gemeinsam verantworten. Ebenso sind bürgerschaftliche Genossenschaften denkbar, die als privater Projektträger auftreten oder in Verbindung mit der Kommune ebenfalls als Kooperation. Diese Modelle werden hier nicht eigens aufgeführt, da sie als Mischformen von Punkt 2 und Punkt 3 die gleichen Bearbeitungsabläufe haben. Einzig die rechtliche Komponente des Zusammenschlusses muss zusätzlich gründlich durchdacht, geprüft und mit den politischen Gremien der Kommune entschieden werden.
Ansprechpartner
Sächsische Energieagentur GmbH
Sebastian Breitlauch
Hinweis zur sprachlichen Gleichstellung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit wird auf die Anwendung der geschlechtergerechten Sprache verzichtet. Personen- und Funktionsbezeichnungen gelten für alle Geschlechtsidentitäten.
Was für Kommunen wichtig ist
Bei Windenergie-Projekten stellt sich oft die Frage, an welcher Stelle Kommunen Einfluss auf den Verlauf nehmen können und was sie bedenken sollten. Dieser Leitfaden versucht die Frage zu beantworten. Es werden die häufigsten Szenarien beschrieben, wie Sie als Bürgermeisterin oder Bürgermeister mit dem Ausbau der Windenergie in Ihrer Umgebung in Berührung kommen können.
1. WINDENERGIE-PROJEKTE IM RAHMEN DER REGIONALPLANUNG (VORRANGGEBIETE)
Situationsbeschreibung
Der Ausbau der Windenergie ist ein politisches Ziel, das sich der Bund ebenso wie der Freistaat Sachsen gesetzt haben. Um den Ausbau in Sachsen flächenmäßig zu lenken bzw. örtlich zu konzentrieren, sind die Regionalen Planungsverbände (RPV) Sachsens verpflichtet, im Rahmen der Regionalpläne ausreichend Raum für die Windenergie zu schaffen.
Im Ergebnis weist der Regionalplan Vorrang- und Eignungsgebiete für Windenergieanlagen (WEA) aus. Der Weg dahin ist lang und vielschichtig. Zu berücksichtigen sind Flächen, auf denen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine WEA errichtet werden dürfen (harte Tabuzonen). Definiert sind diese beispielsweise durch Mindestabstände zu Siedlungsgebieten, Einzelbebauungen, Straßen oder Stromleitungen. Auch ausgewiesene Naturschutzgebiete fallen in diese Kategorie. Zudem sind Flächen zu berücksichtigen, die zwar prinzipiell genutzt werden dürfen, die aber anhand eigener Kriterien der für die Planung verantwortlichen Akteure auszuschließen sind (weiche Tabuzonen). Dabei kann es sich um zusätzliche Vorsorgeabstände zu Siedlungsgebieten ebenso handeln wie um Abstände zu Radaranlagen oder Waldflächen.
Dieser Planungsprozess erlangt in der Regel wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Für die spätere Genehmigungsfähigkeit von Windprojekten ist er aber wichtig. Aus diesem Grund findet im Rahmen des Planungsverfahrens eine formale Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit statt. Das bedeutet, Planentwürfe werden für bestimmte Zeiträume öffentlich ausgelegt.
Handlungsoptionen
Diese Beteiligungsmöglichkeiten können in verschiedener Weise genutzt werden:
- Sofern Sie selbst Mitglied der Verbandsversammlung oder eines Regionalplanungsausschusses sind, können Sie auf diese Weise Einfluss nehmen.
- Als Bürgermeisterin oder Bürgermeister können Sie zu den Entwürfen des Regionalplans seitens der Kommune Stellung nehmen.
- Vor einer Stellungnahme können Sie den Regionalplan und die darin enthaltenen Punkte zur Windenergienutzung zu einem Thema im Gemeinderat machen und eine kommunale Stellungnahme anregen.
- Sie können die Bürger in Ihrem Ort über die öffentliche Auslegung des Regionalplanentwurfs informieren und somit auf die Möglichkeit einer individuellen Stellungnahme hinweisen.
Natürlich können Sie diese Optionen gleichzeitig nutzen. Es ist zu empfehlen, in der Kommune frühzeitig eine Diskussion über die Positionierung zu Windenergie-Projekten anzuregen. Mit einem abgestimmten kommunalen Energiekonzept fallen diese Entscheidungen leichter (mehr dazu in Punkt 3)
2. DIE PLANUNG EINES PRIVATWIRTSCHAFTLICHEN WINDPROJEKTS
Situationsbeschreibung
Häufig werden Sie mit einem geplanten Windenergie-Projekt in Berührung kommen, indem ein Projektierer Sie über die Absichten zur Errichtung von einer oder mehreren WEA in Ihrer Kommune informiert oder Sie Kenntnis über die bereits laufende Grundstückssicherung erhalten. Dabei kann er eine Fläche im Blick haben, die im Regionalplan als geeignet ausgewiesen ist. Sollte es noch keinen Regionalplan oder noch keinen gültigen Teilregionalplan Wind geben, kann es sich um eine Fläche im so genannten Außenbereich handeln, in dem bauplanungsrechtlich WEA grundsätzlich privilegiert sind.
Geht es um ein konkretes Windprojekt in Ihrer Kommune, ist vieles zu bedenken. In diesem Fall geht es nicht nur um genehmigungsrechtliche Fragen, sondern auch um Schutzgüter und Akzeptanzfragen, um finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten und nicht zuletzt um Positionierungen der Kommunalpolitik. Die Information und Realisierung obliegen zunächst dem Projektierer bzw. dem potenziellen Betreiber. Dass das Projekt sachlich und qualitativ bearbeitet wird und die Bürger frühzeitig sowie transparent über das Vorhaben informiert werden, sollte aber auch in Ihrem Interesse sein.
Ihre Handlungsmöglichkeiten sind so vielfältig, dass hier die wesentlichen Ansätze beschrieben werden. In jedem Fall hilfreich ist ein frühzeitiger und professioneller Umgang sowie eine offene Kommunikation mit dem Projektträger.
Handlungsoptionen in der Vorbereitungs- und Planungsphase
a. Austausch zum Projekt und der Begleitkommunikation
Schon im ersten Gespräch sollten Sie die wichtigsten Punkte ansprechen, die im Interesse Ihrer Kommune liegen und zugleich einen wichtigen Einfluss darauf haben, wie sich die Menschen im Ort zu dem Vorhaben positionieren. Folgende Themen können Sie – nach einer Vorstellung des Vorhabens durch den Projektträger – ansprechen:
Diese Aspekte werden bereits für das Erstgespräch empfohlen. Auch im weiteren Kontakt müssen diese Aspekte in unterschiedlicher Intensität (Wie weit sind wir gekommen? Wo müssen wir nachsteuern? …) immer wieder Thema sein.
b. Austausch zur Fläche
Der Projektträger plant mit Flächen, die für die Nutzung der Windenergie geeignet sind, die ihm aber nicht gehören. Folglich braucht er eine vertragliche Grundlage für die Nutzung bzw. Überlassung.
Wenn die Kommune selbst der Flächeneigentümer ist, ist das ein rechtliches Thema, das Sie selbst mit dem Projektträger aushandeln können – und das Einnahmen für die Kommune verspricht (Pacht). Ist die Fläche in Privatbesitz, läuft das Vertragliche zur Flächennutzung in deren beiden Händen. Dennoch empfiehlt es sich, das Gespräch seitens der Kommune mit dem Flächeneigentümer oder gar mehreren Eigentümern zu suchen. Über Flächenpoolmodelle kann beispielsweise eine optimierte und gerechte Verteilung der Pachteinnahmen vereinbart werden.
Handlungsoptionen in der Genehmigungsphase
c. Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Ebene Landkreis
Abgesehen von Kleinanlagen, die davon ausgenommen sind, erfordert die Errichtung einer WEA eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Das Genehmigungsverfahren, das abgesehen vom vereinfachten Verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst, führt die zuständige Behörde auf Landkreisebene.
Das Genehmigungsverfahren sieht eine formale Beteiligung vor. Hier können Sie zu bestimmten Zeitpunkten und Planungsständen Stellungnahmen abgeben. Das gilt für Sie als Kommune ebenso wie für Einzelpersonen. Auch der Gemeinderat kann eine politische Stellungnahme beschließen.
Idealerweise sind Sie zu dem Zeitpunkt, an dem der Projektträger seinen Antrag einreicht, bereits mit ihm im Gespräch und damit auch inmitten eines Informations- und Kommunikationsprozesses zum Projekt.
Ist die Fläche, auf der die WEA entstehen soll, in einem rechtskräftigen Regionalplan ausgewiesen oder auf einer freien Fläche im Außenbereich gelegen (und es besteht kein gültiger Regionalplan zum Thema Windenergie), kann der Bau mit einer erteilten BImSch-Genehmigung grundsätzlich beginnen.
d. Bauleitplanung, Ebene Kommune
Grundsätzlich haben Kommunen die Möglichkeit, über die Aufstellung eines Bebauungsplans die konkrete Ausgestaltung eines ausgewiesenen Wind-Vorrang- und Eignungsgebietes zu steuern. Die Festlegungen des Bebauungsplans dürfen den Planungen und Zielen der Raumordnung dabei jedoch nicht entgegenstehen. Es gilt der Grundsatz „konkretisieren ohne zu konterkarieren“. Besteht bereits eine Bauleitplanung, muss diese ggf. an die neuen Vorgaben des Regionalplans angepasst werden.
In diesem kommunalen Planungsprozess können Sie selbst Maßstäbe für die Information und Beteiligung der Bevölkerung setzen. In einer vernünftigen Kooperationsbeziehung mit dem Projektträger stimmen Sie diese dennoch miteinander ab.
Handlungsoptionen in der Umsetzungsphase
e. Austausch zur kommunikativen Baubegleitung
Wenn alle Genehmigungen erteilt sind, sind nicht zwingend auch alle Auseinandersetzungen überstanden. Immer wieder rücken Projekte Anwohnern erst dann ins Bewusstsein, wenn der Bau sichtbar beginnt.
Als Bürgermeisterin oder Bürgermeister können Sie vom Projektträger eine professionelle Projektkommunikation auch in der Bauphase und bei der Inbetriebnahme einfordern und diese insgesamt oder auch nur punktuell aktiv begleiten.
3. DIE PLANUNG EINES EIGENEN KOMMUNALEN WINDPROJEKTS
Situationsbeschreibung
Wenn Sie selbst den Ausbau der erneuerbaren Energien in Ihrer Kommune vorantreiben wollen, müssen Sie nicht auf private Investoren warten, sondern können sich ein solches Projekt auch in Eigenregie vornehmen. Dabei kann die Verwaltung gleich privaten Projektierern geeignete Flächen auf dem kommunalen Gebiet identifizieren und Planungen anstellen. Sie kann aber auch Projektierer damit beauftragen. Die formale Rolle des Projektträgers übernimmt in der Regel eine kommunale Gesellschaft, die eigens für ein solches Vorhaben gegründet wird oder beispielsweise in Form eines Stadtwerkes oder Wirtschaftsfördergesellschaft bereits existiert.
Die Handlungsfelder unterscheiden sich dabei kaum von denen im vorher geschilderten Fall eines privaten Investors. Der wesentliche Unterschied ist, dass Sie selbst eine aktive Rolle spielen und über Gestaltungsspielräume und Beteiligungsmöglichkeiten bestimmen können. Zudem haben Sie die Chance, noch vor einer konkreten Planung eines Windprojektes ein Meinungsbild in der Ortschaft zu einem solchen Vorhaben einzuholen.
Handlungsoption Meinungsbildungsprozess
Wollen Sie selbst den Impuls für ein kommunales Windprojekt geben, sollte es Ihnen wichtig sein, von Anfang an die Menschen im Ort ebenso wie deren gewählte politische Vertreter mehrheitlich für das Projekt zu gewinnen. Das bedeutet, dass Sie selbst Kommunikation organisieren. Das kann wieder in vielfältiger Form geschehen:
-
Wollen Sie als erstes ein grundsätzliches Stimmungsbild einholen, können Sie eine Befragung durchführen.
siehe Werkzeug „Musterfragebogen“ -
Wollen Sie zunächst nur ein Stimmungsbild aus dem politischen Raum, können Sie die Fraktionsvorsitzenden Ihres Kommunalparlamentes zu einem Gespräch einladen und zum Beispiel auf ähnliche Projekte in anderen Kommunen verweisen.
siehe Werkzeug „Beispiele für Erneuerbare-Energien-Projekte“ - Wollen Sie für eine breite Meinungsbildung sorgen, laden Sie zu Dialogveranstaltungen ein, bei denen ggf. verschiedene Experten einen Input geben.
- Das kann bis zu einem Bürgerentscheid führen, der sich beispielsweise damit befasst, ob sich die Kommune ein eigenes Energiekonzept geben und/oder Varianten für ein EE-Projekt prüfen soll.
Handlungsoptionen in der Planungsphase
In dieser Phase werden Sie in der Verwaltung und idealerweise abgestimmt mit der Politik alle Fragen selbst beantworten, die Sie auch mit einem privaten Investor besprochen hätten:
- Wo wird das Projekt geplant und wie soll es aussehen?
- Gibt es bereits ein ausgewiesenes Vorranggebiet für die Windenergie oder muss beim Regionalen Planungsverband auf eine Ausweisung hingewirkt werden?
- Welche Auswirkungen wird es haben?
- Welche Chancen sind damit verbunden, welche Konflikte könnte es geben?
- Wie wird die Kommunikation aufgesetzt?
- Wie wird informiert?
- Welche Beteiligungsmöglichkeiten sollen eingeräumt werden (ggf. als Umsetzung des vorab Besprochenen)?
- Werden finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten angeboten?
Handlungsoptionen in der Genehmigungsphase
Als Projektträger müssen Sie die notwendigen Genehmigungsverfahren professionell durchlaufen. Dabei sollten Sie die Kommunalpolitik und die lokale Öffentlichkeit transparent und frühzeitig über alle relevanten Entwicklungen informieren.
Handlungsoptionen in der Bauphase
Auch in der Umsetzung werden Sie weiterhin zuvorkommend und den Betroffenen zugewandt kommunizieren und über die jeweils nächsten Schritte informieren.
4. Varianten im Betreibermodell
Ein Windenergieprojekt in Ihrem Umfeld muss nicht entweder privatwirtschaftlich oder kommunal getragen werden. Es gibt auch Mischformen der Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Akteuren, die ihre Zusammenarbeit rechtlich vereinbaren und das Vorhaben gemeinsam verantworten. Ebenso sind bürgerschaftliche Genossenschaften denkbar, die als privater Projektträger auftreten oder in Verbindung mit der Kommune ebenfalls als Kooperation. Diese Modelle werden hier nicht eigens aufgeführt, da sie als Mischformen von Punkt 2 und Punkt 3 die gleichen Bearbeitungsabläufe haben. Einzig die rechtliche Komponente des Zusammenschlusses muss zusätzlich gründlich durchdacht, geprüft und mit den politischen Gremien der Kommune entschieden werden.
Ansprechpartner
Sächsische Energieagentur GmbH
Sebastian Breitlauch
Hinweis zur sprachlichen Gleichstellung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit wird auf die Anwendung der geschlechtergerechten Sprache verzichtet. Personen- und Funktionsbezeichnungen gelten für alle Geschlechtsidentitäten.